Am Ende der Sekundarstufe I erwerben Schüler und Schülerinnen in Baden-Württemberg den Realschulabschluss. Dieser Abschluss wird auch als Mittlerer Schulabschluss (MSA) oder Mittlere Reife bezeichnet und berechtigt zum Start in viele Ausbildungsberufe oder die weitere schulische Bildung.
Der Realschulabschluss wird üblicherweise durch eine Reihe von Prüfungen in der 10. Jahrgangsstufe an Realschulen, Werkreal- oder Gemeinschaftsschulen sowie Berufsfachschulen abgelegt.
An Gymnasien erhältst du den Realschulabschluss ohne weitere Prüfungen, wenn du in die 11. Klasse versetzt wirst.
Die Prüfungen an zweijährigen Berufsfachschulen unterscheiden sich von den übrigen Prüfungen an anderen Schulformen.
Realschulabschlussprüfungen in BW
Im Rahmen des Realschulabschlusses müssen in Baden-Württemberg schriftliche, mündliche und praktische Prüfungen in verschiedenen Fächern abgelegt werden:
Schriftliche Prüfungen |
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Kommunikationsprüfung |
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Praktische Prüfung oder Kommunikationsprüfung |
oder
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Freiwillige mündliche Zusatzprüfung |
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Zentrale schriftliche Prüfungen
Die schriftlichen Prüfungen werden in Baden-Württemberg zentral, das heißt termin- und zeitgleich, an allen Werkreal-, Real- und Gemeinschaftsschulen geschrieben. Sie finden in den Fächern Deutsch, Mathe, der ersten Fremdsprache (meist Englisch) sowie einem Wahlpflichtfach (AES, Technik, zweite Fremdsprache) statt.
Kommunikationsprüfung
Neben der schriftlichen Arbeit wird die Prüfung in der ersten Fremdsprache durch eine Kommunikationsprüfung ergänzt. Du kannst diese alleine oder gemeinsam mit einer Mitschülerin oder einem Mitschüler durchführen.
Vor Beginn der Prüfung erhält jeder 15 Minuten Vorbereitungszeit, bei der sich im Falle einer gemeinsamen Prüfung nicht ausgetauscht werden darf. Die anschließende mündliche Prüfung dauert ebenfalls etwa 15 Minuten und ist in zwei Teile gegliedert:
- Monolog: Du hast 5 Minuten Zeit, ein zuvor erarbeitetes Thema in einem monologischen Vortrag in Englisch bzw. deiner ersten Fremdsprache darzulegen.
- Dialog: In rund 5 Minuten sollt ihr (in einer Einzelprüfung du mit deiner Lehrkraft) ein Thema in der jeweiligen Fremdsprache diskutieren und zum Schluss zu einem Kompromiss gelangen.
- Sprachmittlung: In diesem Abschnitt musst du Redebeiträge von einer Sprache in die andere übertragen. Auch dieser Teil dauert rund 5 Minuten.
Praktische Prüfung
Ähnlich der Kommunikationsprüfung besteht auch die praktische Prüfung in einem Wahlpflichtfach aus zwei Teilen:
- Praktischer Teil: Während sechs bis neun Unterrichtsstunden fertigst du mit den zugelassenen Werkzeugen und unter Aufsicht der Lehrkraft ein eigenes Werkstück von der Planung, über die Fertigung, bis hin zur Inbetriebnahme und Optimierung an. Im Fach AES geht es neben der Planung um den sachgerechten und ressourcenschonenden Umgang mit Lebensmitteln und Materialien, die Anwendung von Arbeitsgeräten und die Arbeitsorganisation sowie die Einhaltung von Sicherheits- und Hygieneregeln.
- Prüfungsgespräch: Anschließend findet ein etwa 15-minütiges Prüfungsgespräch mit der Präsentation deiner praktischen Arbeit und Fragen dazu statt. Dieses kannst du alleine oder zu zweit abhalten.
Alternativ kannst du anstatt der praktischen Prüfung eine weitere Kommunikationsprüfung in der zweiten Fremdsprache (meist Französisch) absolvieren.
Freiwillige Zusatzprüfung
Nach Bekanntgabe der schriftlichen Noten besteht die Möglichkeit, eine weitere mündliche Prüfung abzulegen. Diese kann auch vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses angeordnet werden.
Die Zusatzprüfung dient dazu, deinen Notendurchschnitt anzuheben. Deine Fachlehrkraft wird dich dazu beraten und die Prüfung empfehlen, wenn du den Realschulabschluss ansonsten nicht bestehen würdest oder sie gute Chancen für eine Verbesserung der Endnote in diesem Fach sieht. Die Prüfungsleistung wird ermittelt, indem die schriftliche Prüfung dreifach und das mündliche Ergebnis einfach gewichtet werden.
Die mündliche Zusatzprüfung erfolgt in Mathematik oder Deutsch. Nach einer kurzen Vorbereitungszeit dauert sie etwa 15 Minuten. Du kannst die Prüfung alleine oder mit einem Partner bzw. einer Partnerin durchführen.
Vorbereitung durch Prüfungshefte
Eine erfolgreiche Vorbereitung ist der Schlüssel zu einer gelungenen Prüfung. Wir empfehlen dir daher, mit Originalprüfungen der letzten Jahre zu üben.
Durch das Lösen von echten Prüfungsaufgaben unter Realbedingungen, das heißt in der vorgegebenen Bearbeitungszeit unter Einbezug zugelassener Hilfsmittel, simulierst du eine tatsächliche Prüfung.
Mit dieser Lernstrategie trainierst du, dir die Zeit in der Prüfung bestmöglich einzuteilen und weißt schon, was dich in etwa erwarten wird.
Nach Fertigstellung der gesamten Prüfungssimulation kannst du deine Ergebnisse mit den Musterlösungen vergleichen und herausfinden, welche Themen du nochmals vertiefen solltest.
Benotung und Bestehen der Abschlussprüfungen in BW
In die Benotung fließen neben den Prüfungsergebnissen auch die Noten aus dem Unterricht ein. Wie sich die Gesamtnote zusammensetzt, und mit welchem Durchschnitt du bestanden hast, kannst du im Folgenden nachlesen.
Wie errechnet sich die Abschlussnote?
Die Endnoten in den Prüfungsfächern setzen sich zu 50% aus den Jahrgangsnoten sowie zu 50% aus den Prüfungsleistungen zusammen, wobei die Prüfungsteile wie folgt gewichtet werden:
Fach | Ermittlung Prüfungsleistung |
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Deutsch | Ergebnis schriftliche Prüfung (100%) Falls mündliche Zusatzprüfung:
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Mathematik | Ergebnis schriftliche Prüfung (100%) Falls mündliche Zusatzprüfung:
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Pflichtfremdsprache | Schriftliche Prüfung dreifach (60%) Kommunikationsprüfung zweifach (40%) |
Wahlpflichtfach (AES, Technik, 2. Fremdsprache) | Schriftliche Prüfung dreifach (60%) Praktische bzw. Kommunikationsprüfung zweifach (40%) |
Die Endnoten in den Prüfungsfächern ergeben sich somit als Durchschnitt aus der jeweils mit Zehntelnoten bewerteten und ungerundeten Jahres- und Prüfungsleistung, wobei der Durchschnitt auf eine Nachkommastelle gerundet wird.
Die Abschlussnote für den Realschulabschluss setzt sich aus den Endnoten in den Prüfungsfächern sowie den Jahresleistungen in den Nichtprüfungsfächern zusammen
Wann ist der Realschulabschluss bestanden?
Für das Bestehen des Realschulabschlusses wird eine Gesamtnote von 4,0 oder besser benötigt. Du darfst in jedem Fach also nicht schlechter als ausreichend (4) stehen. Ist dies doch einmal der Fall, dann können die Noten mangelhaft (5) und ungenügend (6) in maximal drei Fächern durch bessere Noten ausgeglichen werden.
Beispiel:
Eine 5 kannst du mit einer 2 oder zweimal der Note 3 ausgleichen.
Eine 6 kann durch die Note 1 oder zweimal einer 2 ausgeglichen werden.
In den schriftlichen Prüfungsfächern darf keines mit ungenügend (6) und höchstens eines mit der Note mangelhaft (5) abgeschlossen werden und kann dann nur mit einer Note gut (2) in einem anderen Fach der schriftlichen Prüfung ausgeglichen werden.
Was folgt nach dem Realschulabschluss?
Der bestandene Realschulabschluss eröffnet die Möglichkeit der höheren schulischen Bildung oder verschiedener Ausbildungen:
Duale Ausbildung
Beginne eine duale Ausbildung an einer Berufsschule in Bereichen wie Industrie, Handwerk oder Verwaltung.
Berufsausbildung
Starte in eine Berufsausbildung, z.B. mit dem Schwerpunkt Erziehung, Gesundheit oder als technischer Assistent im Design.
Gymnasiale Oberstufe
Besuche die gymnasiale Oberstufe an einem beruflichen Gymnasium, allgemeinbildenden Gymnasium oder einer Gesamtschule, um weitere Abschlüsse wie das Abitur oder die fachgebundene bzw. Fachhochschulreife zu erhalten. Diese qualifizieren wiederum für ein Studium.
Sonstige
Erwirb berufliche und schulische Qualifikationen an einer Fach-, Berufsfach- oder Berufsoberschule.
Nachholen des Realschulabschlusses in Baden-Württemberg
Der Realschulabschluss kann auf dem zweiten Bildungsweg nachgeholt werden. Hierfür ist der Besuch oder die Teilnahme an den Angeboten einer der folgenden Institutionen nötig:
- Abendrealschule (2-jährige Abendkurse vor Ort mit anschließenden Prüfungen)
- Fern- oder Selbststudium (von Zuhause aus mit anschließender (Schulfremden-)Prüfung)
- Private Kurse (vor Ort oder Online mit anschließender (Schulfremden-)Prüfung)
Ganz gleich, für welchen Weg du dich entscheidest, der Hauptschulabschluss ist in jedem Fall voraussetzend, um den Realschulabschluss nachzuholen.
An Gymnasien müssen in Baden-Württemberg keine gesonderten Prüfungen für den Realschulabschluss geschrieben werden. Dort erhältst du den Realschulabschluss mit der Versetzung von der 10. in die 11. Klasse. Bei allen anderen Schulformen sind Abschlussprüfungen zu absolvieren.
Mit einem Realschulabschluss erhöhst du die Chancen auf einen Platz in einem anerkannten Ausbildungsberuf und hast neben der Möglichkeit zum Beginn einer Berufsausbildung die Berechtigung zum Besuch von Fachschule, Berufsoberschule und beruflichen oder allgemein bildenden Gymnasium, um einen höheren Schulabschluss und damit ggf. auch die Voraussetzung für ein Studium zu erwerben.
Die Bezeichnungen Realschulabschluss, Mittlere Reife oder auch Mittlerer Schulabschluss (MSA) stehen für einen mittleren Bildungsabschluss, der je nach Region unterschiedlich benannt wird. Je nach Bundesland und Schulform können auch unterschiedliche Voraussetzungen gelten, um diesen Abschluss zu erlangen. Inhaltlich sind die Abschlüsse jedoch gleichwertig und werden von allen Bundesländern anerkannt.